Über den St.Lorenz-Strom

Auf dem Camping nahe Edmondston erwachen wir relativ früh, das heisst, so gegen 8 Uhr. Ein Reisetag steht bevor, wir wollen Tadoussac am anderen Ufer des St.Lorenz-Stroms noch heute erreichen. Mir wäre jede Fähre recht von Rivière du Loup nach St. Siméon, aber Lydia beharrt darauf, die Mittagsfähre zu erreichen, da es gemäss Reiseführer in der Nebensaison nur 2 oder 3 Fahrten pro Tag gibt.

Unser Etappenziel, den 120 km weit entfernten Fährhafen, erreichen wir pünktlich. Wir stehen zwar solo da, aber wir haben ja noch eine Stunde Zeit, bis die Fähre um 12 Uhr lostuckert. Da kommt ein verwitterter Seemann auf uns zu, stellt mir Fragen auf Französisch, die ich beim bestem Willen nicht verstehen kann. Er läuft davon, kommt mit einem Rollmeter zurück, misst den Überhang meines Fahrzeuges und erklärt in seinem Patois (inzwischen hat Lydia das Gespräch übernommen): "Der Überhang ist zu gross, das Fahrzeug schlägt beim Verladen auf der steilen Rampe hinten am Boden auf. In 4 Stunden, wenn dann die Flut vollständig da ist, könnt ihr problemlos verladen." Super, super !!!

An Stelle der Überfahrt empfiehlt er uns ein Mittagessen in einem der Restaurants in der näheren Umgebung. Wir wählen eines aus, direkt am Hafen. Von da aus können wir den Verlad sehr gut beobachten. Inzwischen stehen einige wartende Fahrzeuge da und es werden immer mehr. Es ist inzwischen viertel vor Eins, aber verladen wird nicht. Na ja, wir sind hier im französischen Teil von Kanada, da geht eben alles ein wenig anders. Erst als das Schiff dann pünktlich um 1 Uhr den Pier verlässt, stellen wir fest, dass hier die Uhren anders ticken, d.h. erst auf 12 Uhr stehen.

 

Nach dem mittelmässigen Essen kehren wir zu unserem Camper zurück. Kurz vor dem Einsteigen kreuzt uns ein Ehepaar und spricht uns auf berndeutsch an: "Die Nummernschilder an eurem Fahrzeug sind sicher nicht echt?" "Das stimmt", antworte ich. Wir kommen schnell miteinander ins Gespräch und lernen Barbara und Remi – geschrieben wie Remi Martin, meint er - kennen und stellen fest, dass wir die nächsten Tage gemeinsame Ziele verfolgen. Wir laden sie zu einem Kaffee im Camper ein. In Grosshöchstetten wohnen sie, da wo meine Grosseltern ihr Leben verbracht haben und Cousins noch zu Hause sind. Die Reise führt sie in einem Mietauto während 5 Wochen von Halifax nach Toronto. Während der 1¼ stündigen Überfahrt plaudern wir übers Reisen, Arbeiten, Leben und vieles mehr. Ein sympathisches Paar, das uns eine kurze Zeit begleitet. Es bleibt kaum Zeit, die Landschaften aus der Ferne zu beobachten. Der Schiffsweg führt an einer langgezogenen Insel vorbei, die vermutlich von Robben bewohnt ist, jedenfalls schwimmen einige der Säugetiere in der Nähe des Schiffes.

In St. Siméon angekommen verabschieden wir uns, Barbaras Nachsatz im Ohr: "Wir sehen uns sicher wieder und wir schreiben dann etwas in euer Gästebuch." Der Weg nach Tadoussac ist hügelig, führt an wunderschönen Seen vorbei – das werden wir wahrscheinlich noch öfters schreiben – und schliesslich gelangen wir an den Rivière Saguenay, der aus dem 180 km nordwestwärts gelegenen Lac Saint-Jean fliesst. Der untere Teil wird als Fjord bezeichnet und ist an der Mündung in den Sankt-Lorenz-Strom 3 km breit und 300 Meter tief. Eine Fähre bringt uns am Schluss dieses Tages kostenlos über den Fjord von Baie Ste-Catherine nach Tadoussac.