Inmitten von Las Vegas den Campingplatz Circus Circus zu finden, kostet uns doch einige Nerven, obschon mein Vorsatz, gelassener zu werden, immer mehr zum Tragen kommt. Unser GPS führt uns an eine grosse Baustelle, wo sich vermutlich das Campingareal früher befand. In Las Vegas wird ständig Neues gebaut und Platz in dieser Wüstenlandschaft hat es ja genug, nur leider Trinkwasser nicht mehr so viel. Der Wasserspiegel im Stausee Lake Mead ist mittlerweile erschreckend tief.
Einen Häuserblock weiter strahlt uns die Reklame des Circus Circus entgegen und an diese Häuserfassade erinnern wir uns sehr gut trotz der 25 verflossenen Jahre. Der Campground muss sicher unmittelbar daneben sein, meint Lydia, aber wie kommen wir dahin? Nach mehreren U-Turns auf einer belebten mehrspurigen Strasse, versuchen wir es mit einer Seitenstrasse, die direkt zum Eingang des Circus Circus führt. Und siehe da, Lydia entdeckt auf dieser Abzweigung eine kleine Hinweistafel, die uns schliesslich zum besagten Ziel führt.
Hier treffen wir Maja und Peter wieder, welche wir im Death Valley kennengelernt haben. Sie sind vor uns eingetroffen und haben wegen ihrer defekten Dieselheizung inzwischen in einer Mercedesgarage in Las Vegas die nötigen Vorkehrungen getroffen.
Noch am selben Abend besuchen wir mit ihnen die etwas in die Jahre gekommene Vergnügungsstätte Circus Circus. Etwa die Hälfte des umfangreichen Gebäudeareals ist mit Spielsalons belegt. Die andere Hälfte teilt sich auf diverse Shops und Restaurants auf. Der uns von früher bekannte Vergnügungspark Adventure Dome des Circus Circus mit Karussells, Menschenschleuder und vieles mehr ist für heute bereits geschlossen. Die Slot Machines im grossen Spielsaal sind am Rattern und am Klingeln. Wir verprassen aber unsere 17 Dollar pro Person lieber am All-you-can-eat-Buffet, als der Spielsucht zu verfallen.
Es gibt in dieser Stadt praktisch kein Grossgebäude ohne Spielsaal, stellen wir in den nächsten Tagen fest. Wenn wir dinieren möchten - die Auswahl an Schmackhaftem und Günstigem auf diversen Speisekarten ist gewaltig - müssen wir zum jeweiligen Restaurant zwangsläufig zuerst die nicht endenden Spielflächen durchwandern.
Las Vegas, mitten in die Mojave Wüste gebaut, ist eine ziemlich verrückte Stadt. Glücksspiel, Show und Entertainment dominieren. Oft trifft man hier auf Superlative, sei es bei den exorbitanten Kosten der exklusiv gebauten Gebäude (z.B. der für 2.7 Mia Dollar erstellte Wynn&Encore Kasinokomplex), bei technischen Highlights oder bei der Besucherzahl (ca. 40 Mio. Besucher im 2012).
Die Stadt setzt sich zusammen aus 2 Stadtteilen. Das moderne, mit vielen architektonischen und beleuchtungstechnischen Finessen gebaute Center liegt am 6 km langen Las Vegas Boulevard, besser bekannt unter der Bezeichnung Las Vegas Strip, südlich des Circus Circus. Nördlich davon lebt der ältere Stadtteil Downton mit der Fremont Street.
Die neu entstandenen bzw. ausgebauten Superpaläste mit Resortcharakter haben alles unter einem Dach: Hotelluxus, Gastronomie, Glücksspiel, Show, Shopping u.a.m. Die Komplexe sind alle einem bestimmten Thema gewidmet. z.B. das Venetian, wo Gondeln auf den Kanälen unter der Rialtobrücke hindurch in einen stilechten italienischen Palast gleiten oder New York New York mit Freiheitsstatue und einer waghalsigen Achterbahn oder weitere Verrücktheiten wie das Luxor mit seiner über 4000 Zimmer umfassenden Pyramide und einer Sphinxallee davor.
Was uns aber in dieser Stadt sehr viel Spass macht, ist das "Wasserballett" vor dem Hotel Bellagio. Anmutig wechselnde Wasserfontänen von zig Metern Höhe mit klassischer Musik und Lichtshows untermalt schiessen hier ab Dämmerung bis Mitternacht in die Luft. Und vor dem riesigen Komplex des Casinos Mirage bricht in kurzen Abständen ein Minivulkan rotglühend aus und flüssige Lava ergiesst sich in den ebenfalls pyrotechnisch aufbereiteten See.
Am Samstag findet ein besonderer Anlass statt. Damit auch wir wissen, wieso der Strip gesperrt wird, befragen wir ein amerikanisches Ehepaar, das bereits an den Abschrankungen steht. Formel-1-Wagen würden in Kürze gezeigt, bekommen wir mit glänzenden Augen zur Antwort. Es sind aber dann Tourenwagen der amerikanischen NASCAR-Rennen, die mit laut heulenden Motoren im Schritttempo an uns vorbeirollen. Das Besondere dabei, die Fahrer lassen die Räder immer wieder mit Vollgas durchdrehen, so dass es qualmt und stinkt und die gegenüberliegende Häuserfront durch den aufsteigenden Rauch verschwindet. Das Publikum klatscht begeistert, während der verbrannte Gummi ihnen in die Nase steigt. Einmal mehr bekommen wir hier bestätigt, dass die Amerikaner ihre Autos halt schon sehr mögen.
Lydia und ich beschliessen, am letzten Abend unseres Aufenthaltes den nördlich vom Circus Circus gelegenen älteren Stadtteil Fremont Street zu besuchen. Bevor wir vor dem Einnachten mit dem Bus dorthin davonbrausen, stellen uns Peter und Maja ein weiteres Schweizer Ehepaar vor, das sie in Yukon Kanada kennen gelernt haben. Ruth und Fredy aus dem Berner Oberland sind ebenfalls für ein paar Tage auf dem Campingplatz Circus Circus stationiert. Die zwei Ehepaare wollen gemeinsam auf dem Strip bummeln gehen.
Im Bus sind wir gespannt auf das Wiedersehen mit der in die Jahre gekommenen Downtown. Einige Gebäude erkennen wir auf Anhieb wieder, wie z.B. das Casino Golden Nugget. Auch die Lichtershow den Gebäuden entlang ist uns vertraut. Die alte Glühlampentechnik mit Millionen von rot, gelb und blau blinkenden Punkten hat noch nicht ausgedient. Aber auf den zweiten Blick bekommen wir nun die moderne Beleuchtungstechnik zu Gesicht. Der Stadtteil wurde aufgepeppt mit dem grössten LED-Bildschirm der Welt! Die berühmte Fremont Street ist über vier Häuserblocks mit einem Bildschirm von 25 m Breite und 450 m Länge überdacht. Mit den 12,5 Millionen LED-Lampen, einschliesslich 180 Stroboskopen, 220 Lautsprechern und mit 8 High-Tech-Computern wird jeden Abend zur vollen Stunde während 6 Minuten eine Show gezeigt: A Tribute to Queen, Kiss Over Vegas, Bon Jovi’s Cosmic Concert oder The Who Miles Over Vegas.