Die grosse Kälte im Norden Amerikas macht sich zunehmend auch gegen Süden zu bemerkbar, doch Schnee und Kälte geniessen wir lieber gut ausgerüstet in den Schweizer Alpen. Eigentlich hatten wir den Golf von Mexico nicht schon in Texas auf unserem Reiseplan, entscheiden uns aber jetzt für die südlichere Route der Küste entlang.
Auf dem Highway 37 Richtung Corpus Christi (bedeutet Leib Christi) verflacht sich das Land vollends. Weidelandschaft und lichte Wälder säumen unsere 3stündige Fahrt. Das zieht sich nun hin bis zu den Appalachen im Osten. Hier befinden wir uns an der Küste der Hurrikane und im Korridor der Tornados, die oft schlimme Verwüstungen anrichten. Das ist aber eine andere Geschichte und nachzulesen unter Dies&Das.
Die City an der Corpus Christi Bay (1519 am Fronleichnamstag entdeckt, darum der spezielle Namen) erahnen wir silhouettenförmig schon von weitem. Wir fahren aber zuerst dem westlich gelegenen Hafen entlang. Das heisst nicht direkt am Wasser, denn dazwischen befinden sich noch auf über 10 km Strecke Ölraffinerien mit unendlich vielen Rohren, die sich kreuz und quer durch die Anlagen winden, und Wasserdampf qualmt vielerorts aus den Kaminen. Der fünftgrösste Hafen der USA wird unter anderem als Umschlagsplatz für Rohöl und Öldestillate benutzt.
Die Küste am Golf von Mexico ist sehr stark verästelt. Um in die City zu gelangen, sind weite Distanzen über Brücken zurückzulegen. Ohne Landkarte wüssten wir nicht, ob wir uns am Meer oder an einem See oder Fluss befinden. Unser Tour-Book schreibt nicht viel Interessantes über diese Stadt. Viele langgezogene Betonbrücken verunstalten die Gegend. Nachdem wir auf einem Campingplatz mitten im Strassen- und Flugzeuglärm übernachtet haben, möchten wir nun - für uns brandneu - unbedingt das offene Meer am Golf von Mexico schauen.
Zudem ist ein ausgedienter Flugzeugträger für immer an dieser Küste festgebunden. Ich habe diese Stahlkolosse in Filmen öfters gesehen, aber noch nie zum Anfassen nahe. Glücklicherweise befindet sich in der Nähe des Kriegsschiffes auch ein Meeresaquarium, denn Lydia interessiert sich zwar für Geschichte, aber nicht für Kriegstechnik.
Uns fällt übrigens auf, dass die Amerikaner, ohne eigene langjährige Kultur - mit Ausnahme der Indianerkultur - vorwiegend ihre Kriegsvergangenheit zur Schau stellen. Es gibt viele Museen für Raumforschung und Kriegstechnik, aber auch mehrere Gedenkstätten für Gefallene, und die Kriegsveteranen werden vielerorts mit einem "Veterans Memorial Way" geehrt.
Also löse ich für mich ein Ticket, um das Museumsschiff USS Lexington CV-16, das eine Fläche von 265 x 45 Meter aufweist, zu besichtigen. Die Fläche ist vergleichbar mit einem grossen Kreuzfahrtschiff. Der Start- und Landeplatz auf Deck mit einer Fassungskapazität von bis zu 80 Militärflugzeugen, dem Kommandoraum und vier Kanonentürmen ist grösser als 2 Fussballfelder. Die USS Lexington beherbergte eine Besatzung von 2'600 Mann. Sie war zuerst stationiert in Pearl Harbor, Hawaii, und fuhr viele Einsätze im Pazifischen Ozean. Dieses Schiff weist mit 495'000 Flugzeuglandungen den grössten Flugverkehr aller Zeiten auf amerikanischen Flugzeugträgern aus.
Im Innern des Schiffes können mit zwei schweren ca. 35 x 20 Meter grossen Schleusen Vorderteil, Mittelteil und Hinterteil des Rumpfes wasserdicht voneinander getrennt werden. Selbstführungstouren (self-guided-tours) sind unter Deck ausgeschildert und führen mich durch mehrere Etagen und unzählige Räume. Räume für Kommando, Navigation, Funk, Strategie, Reparaturen, Schiffs- und Kriegstechnik, Schulungen, Besprechungen, Schlafen, Essen, Sport, Unterhaltung, Kino usw. besichtige ich auf einer der drei möglichen Touren. Auch die Luxuswohnungen des Kapitäns und des Kriegsoberkommandeurs mit vielen angrenzenden Besprechungszimmern sind zu durchlaufen. Ohne Wegweisung durch dieses Labyrinth hätte ich keine Chance, den Ausgang wieder zu finden. Einmal begonnen, gibt es kein Zurück, zu eng sind die Gänge angeordnet. Tausende von Stahlwänden trennen die verschiedenen Räume. Stahl, Stahl und nochmals Stahl, für mich fast erdrückend. Aber glücklicherweise endet die Begehung nach 45 Minuten im grossen Flugzeug-Reparaturraum, wo man sich wieder zurechtfindet.
Weitere Details kannst du unter Google USS Lexington CV-16 nachschauen.